Warum eine Recruiting-Strategie noch nie so wichtig war

Im Spannungsfeld zwischen Digitalisierung, demografischem und kulturellem Wandel, disruptiven Innovationen und immer schnelleren Marktzyklen wächst zunehmend der Druck auf das Recruiting, denn: Ohne Personal geht nichts. Unternehmen sind angewiesen auf Mitarbeitende und Führungskräfte, die den Wandel mitgestalten und den Erfolg des Unternehmens sicherstellen.

Laut der Studie „Recruiting in der Coronakrise” von stellenanzeigen.de gab knapp die Hälfte der befragten Unternehmen (49,8 %) an, dass sie schon jetzt weniger Bewerbungen erhalten. Dabei hat es vor allem den Mittelstand stark erwischt mit der Folge, dass diese Unternehmen ausgebremst werden, weil ihnen wichtige Ressourcen fehlen.

💡New Hiring als Antwort auf New Work

Laut einer Definition von XING basiert das New-Hiring-Selbstverständnis auf den Grundsätzen von New Work und übersetzt diese in zukunftsfähige Methoden und Tools, mit dem Ziel, in der neuen Arbeitswelt die richtigen Mitarbeitenden zur richtigen Zeit zu finden.

New Hiring folgt dabei dem Grundgedanken von Human-Centered Design, wodurch die Bedürfnisse potenzieller Kandidat*innen konsequent in den Mittelpunkt aller Recruiting-Aktivitäten rücken – während starre Bewerbungsprozesse und die rein fachliche Passung mehr und mehr an Bedeutung verlieren.

So gesehen bildet New Hiring als Selbstverständnis also das Fundament moderner Recruiting-Strategien (New Recruiting) und setzt voraus, dass Recruiter*innen wissen, was potenzielle Kandidat*innen antreibt, welche Werte ihnen wichtig sind und welche Wünsche und Ziele sie in ihrem Job verfolgen?

Kurz gesagt: Wer Menschen in Zukunft für eine Tätigkeit begeistern will, muss zunächst lernen, diese Menschen zu verstehen.  

💡New Recruiting: Recruiting ganzheitlich gedacht

New Recruiting beschreibt ein ganzheitliches Recruiting-Konzept, das die gesamte Candidate Journey umfasst: Vom ersten Kontakt mit potenziellen Kandidat*innen über die Interviewführung bis zum Ende der Probezeit.

Dabei stehen alle am Recruiting beteiligten Personen gleichermaßen in der Verantwortung, Bewerber*innen mit einer exzellenten Candidate Experience für das Unternehmen und die zu besetzende Rolle zu gewinnen.

Ja, das bedeutet viel Arbeit und noch mehr interne Abstimmung. Wer es jedoch schafft, die eigene Recruiting-Strategie mit diesem Mindset neu zu denken, der wird sich nicht nur vom Wettbewerb abheben, sondern auch die Erfolgsbilanz signifikant steigern.

💡In 9 Schritten zur Recruiting-Strategie

Die Umsetzung von New Recruiting erfordert ein komplexes Zusammenspiel verschiedenster Schritte, Tools und Kanäle. Diese sollten nicht nur individuell auf das Unternehmen und dessen Herausforderungen abgestimmt sein, sondern auch dringend in Form einer Recruiting-Strategie festgehalten werden. Auf diese Weise lässt sich bei allen verantwortlichen Personen ein gemeinsames Verständnis für Prozesse, geplante Maßnahmen und Pläne erzielen.

Im Vorfeld gilt es folgende grundlegende Fragen zu beantworten:

❓Welche Positionen wollen oder müssen wir (neu) besetzen?

❓Wie wollen wir das erreichen?

❓Wer ist am Recruiting-Prozess beteiligt?

❓In welchem Zeitraum sollen die Stellen besetzt werden?

Im Anschluss führen folgende 9 Schritte zur individuellen Recruiting-Strategie für dein Unternehmen:

1. Anforderungsmanagement definieren

Nach meiner Erfahrung sind unvollständige und inhaltlich wenig aussagekräftige Informationen hinsichtlich neu zu besetzender Positionen die größten Stolpersteine im Recruiting. Warum? Weil ohne die richtigen und wichtigen Eckdaten erst gar kein einheitliches Bild von der/dem Kandidat*in entstehen kann.

Die Konsequenz: Während es Recruiter*innen auf dieser Basis schwer fällt, passgenaue Kandidat*innen zu finden und auszuwählen, steigt bei Hiring Manager*innen mit jedem Bewerbungsgespräch, das ins Leere führt, das Frustrations-Level weiter an. Eine Abwärtsspirale, die sich mit dem Faktor Zeit immer schneller dreht.

Deshalb gehört ein klares Anforderungsmanagement an erster Stelle in jedem Recruiting-Prozess. Hierbei handelt es sich um eine strukturierte Methode mit vergleichbaren und standardisierten Ergebnissen, die das Ziel hat, ein gemeinsames Verständnis zwischen Auftragnehmenden (= Recruiter*in) und Auftraggebenden (=Hiring Manager*in) zu erreichen.

Wie genau der Prozess aussieht, das gilt es in der Recruiting-Strategie zu definieren. In der Regel besteht ein gutes Anforderungsmanagement aus den SchrittenAnforderungsspezifikation, Anforderungsanalyse und Review und besticht durch Qualitätskriterien wie: Verständlichkeit, Eindeutigkeit, Vollständigkeit etc.

2. Persona entwickeln

Personas veranschaulichen typische Vertreter*innen einer Zielgruppe mit konkreten Merkmalen wie Ausbildung, Fähigkeiten, Werten und Einstellungen, Wohnort, Lebenslauf, Familienstand, Alter, Einkommen, aktuellem Job …

Einmal entwickelt, helfen diese prototypischen Wunschkandidat*innen dabei, klare Search-Strategien zu entwickeln, die Ansprache und Aufbereitung von Informationen zielgruppengerecht zu gestalten und schlussendlich eine höhere Response Rate im Recruiting-Prozess zu erzielen.

Folgende Fragen können dabei unterstützen, Persona zu definieren:

❓Wo arbeitet er/sie heute?

❓Welche Rolle /welchen Titel hat er/sie heute?

❓Welche Erfahrungen bringt er/sie idealerweise mit?

❓Welche besonderen Fähigkeiten sollte er/sie mitbringen?

❓Welche persönlichen Eigenschaften hat er/sie?

Als Datengrundlage für die Entwicklung von Personas können Analysen aktueller und früherer Mitarbeitender in den entsprechenden Positionen herangezogen werden, aber auch Ergebnisse aus Marktanalysen oder der Auswertung vergangener Recruiting-Aktivtäten (z.B. Kandidatenfeedbacks aus Interviews und Direktansprachen).

3. Sourcing-Strategie formulieren

Auf Grundlage der entwickelten Persona gilt es im nächsten Schritt, die Sourcing-Strategie zu formulieren. Hierzu zählt, konkrete Kanäle auszuwählen, über welche die Zielgruppe erreicht werden kann, sowie die zielgruppengerechte Ansprache (in Zusammenarbeit mit Employer Branding) zu definieren.  

  • Active Sourcing:
  • Mitarbeiterempfehlungen:
  • Internes Recruiting – Upskilling oder Reskilling:
  • Employer Branding:
  • Externe Personalberatung
  • Stellenanzeigen
  • Recruiting Events

4. Candidate Experience skizzieren

Eine gute Candidate Experience ist ausschlaggebend für eine positive Wahrnehmung eines Unternehmens. Um diese möglichst reibungslos zu gestalten, gilt es diese so detailliert wie möglich zu skizzieren und sich folgende Fragen zu stellen:

❓Welche konkreten Erfahrung sollen Kandidat*innen über den gesamten Bewerbungsprozess sammeln und mit welchen Maßnahmen können wir diese Erfahrungen schaffen?

❓Wer ist wann und in welchem Zeitraum für die Kommunikation mit den Kandidat*innen verantwortlich? Denk daran: New Recruiting schließt nicht nur Recruiter*innen ein, sondern alle am Hiring-Prozess beteiligten Personen.

❓Wie können wir Kandidat*innen frühzeitig an unser Unternehmen binden?

❓Wie können wir eine möglichst menschliche und wertschätzende Kommunikation mit potenziellen Kandidat*innen aufbauen?

5. Qualifikationsprozess definieren

Der Qualifikationsprozess ist ein entscheidender Baustein innerhalb einer Recruiting-Strategie und bestimmt maßgeblich, ob ein oder eine Kandidat*in für die ausgeschriebene Position geeignet ist. Vor diesem Hintergrund gilt es, folgende Fragen zu beantworten:

❓Gibt es einen mehrstufigen Qualifikationsprozess? Wenn ja, wie verläuft dieser?

❓Wie viele Interviews sollen geführt werden?

❓Gibt es einen Case oder einen Probetag?

❓Wer sind die wichtigen Gesprächsteilnehmer*innen?

6. Angebotsphase

Das Angebot spielt eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, einen oder eine geeignete Kadidat*in für die offene Position zu begeistern. Deshalb sollte eine Recruiting-Strategie auch immer die Angebotsphase berücksichtigen. Wie ist die Gehaltsspanne? Auf welche Boni und Benefits können sich neue Mitarbeitende verlassen? 

Im besten Fall stimmen sich Recruiting/HR und Hiring im Vorfeld dazu ab und erstellen ein visuell ansprechendes Angebot, das Kandidierenden auf einen Blick zeigt, womit sie rechnen können. 

Im Recruiting-Prozess selbst ist es dann Aufgabe der Führungskraft das Angebot auszusprechen und ggf. in Absprache mit HR nachzuverhandeln. 

7. Onboarding planen

Ein Recruiting-Prozess endet nicht bei der Unterschrift im Arbeitsvertrag, sondern schließt ein gut vorbereitetes Onboarding ein und geht darüber hinaus mindestens 6 Monate. Nachfolgende Fragen helfen dabei, den Onboarding-Prozess zu durchdenken:

❓Welche Arbeitsmittel benötigt der/die neue Mitarbeitende?

❓Gibt es ein Mentorship? Wenn ja, wer übernimmt es?

❓Welche Informationen braucht der/die neue Mitarbeitende vorab?

❓Wer sind die wichtigsten Kontaktpersonen für die Rolle?

❓Welche Termine / Deadlines stehen in den Wochen nach Start an?

❓Wie sieht die Roadmap für die ersten 6 Monate aus?

8. Recruiting KPIs definieren

Um bewerten zu können, ob Recruiting-Prozesse erfolgreich und effizient ablaufen, ist es unerlässlich, die wichtigsten Key-Performance-Indicator (KPIs) zu definieren und in regelmäßigen Intervallen auch zu analysieren. Gängige Recruiting KPIs sind etwa:

  • Time-to-Interview
  • Time-to-Hire / Time-to-Fill
  • Cost-per-Hire
  • Absagequote
  • Channel-Effectiveness
  • Quality-of-Hire
  • Candidate-Satisfaction
  • Frühfluktuation
  • Cost-of-Vacancy
  • Offer-Rate
  • Offer-Acceptance-Rate
  • Hiring-Manager-Satisfaction

9.Probezeit-Review durchführen

Während Recruiting KPIs eine quantitative Bewertung des Bewerbungsprozesses zulassen, macht es Sinn, auch qualitative Methoden zur Bewertung heranzuziehen. Probezeit Reviews sind etwa eine gute Möglichkeit, um bei der/dem Kandidat*in nachzufragen, ob alles so eingetroffen ist, wie im Bewerbungsprozess dargestellt. Ein strategischer Review-Prozess kann wertvolle Insights und Verbesserungsansätze für zukünftige Recruiting-Maßnahmen bereithalten und sollte deshalb nicht ungenutzt bleiben.

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Michael von Hirschfeld
Gründer und Geschäftsführer
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