Crossplan Podcast #6 mit Michael von Hirschfeld von Thinkheads

Thomas Kabke-Sommer: Hallo und herzlich willkommen zur neuen Ausgabe des Crossplan Deutschland Podcasts. Heute ist bei uns Michael von Hirschfeld. Er ist der Gründer und Kopf von ThinkHeads. Er bringt smarte Köpfe und Unternehmen zusammen. Insbesondere digitale Talent zu identifizierenden, die das Business weiterbringen, ist seine Leidenschaft. Er ist stetig auf der Suche nach dem Digital Leader. 

Herzlich willkommen zum Crossplan Deutschland Podcast hier im schönen Berlin lieber Michael!

Michael von Hirschfeld: Danke!

Thomas Kabke-Sommer: Michael, was ich oft höre, ist, dass es richtig schwierig ist, digitale Talente a) zu finden, zu identifizieren und dann mit Unternehmen zusammen zu bringen. Von Dir weiß ich natürlich, dass Du in diesem Business schon relativ lange bist. Du hast ja schon so einiges erlebt und bist ja auch die Unternehmung mit -ich würde mal sagen- unter den Top drei in Deutschland, die das zur Hauptaufgabe gemacht hat mit ganz viel Leidenschaft und Know-how: digitale Talente zu identifizieren und mit Unternehmen zusammen zu bringen. Mit welchen Herausforderungen -so aus dem Bauch heraus- hast du denn erst mal zu kämpfen? Wie ist das Business eigentlich?

Michael von Hirschfeld: Das sind ja viele Fragen auf einmal – Herausforderungen haben wir viele. Und wenn du diese Prozesskette ansprichst von Finden, Identifizieren und dann kommt natürlich das Qualifizieren und das Zusammenbringen mit dem Unternehmen, dann muss man das eigentlich umdrehen und sagen, dass das Herausforderndste dabei ist das Zusammenbringen mit dem Unternehmen. Denn Talente finden, identifizieren, das war noch nie so leicht wie heute. Es sind ja sind ja alle transparent, hinterlassen digitale Spuren. Das ist ja das Schöne bei uns im Digitalbereich. Ich glaube, wenn du Neurobiologen suchst oder Chemiker aus der Forschung oder spezialisierte Ingenieure, dann findest Du nur zum Teil digitale Spuren wie in den klassischen Netzwerken, wo sich die Leute selber eintragen bis hin zu Veröffentlichungen, Pressemitteilung, Fachartikeln und ähnlichem. Es gibt Adressen, bei denen man nachschauen kann, was hat jemand publiziert oder wo wurde jemand erwähnt und was hat er gemacht. Also das Finden ist tatsächlich der einfachste Teil und meiner Meinung nach ist es auch ein bisschen der ärgerlichste Teil. Denn das müsste eigentlich automatisch erfolgen. Es ist keine „schöne“ Arbeit, denn es geht immer darum, erst mal zu prüfen: wer hat Interesse, wer bringt Motivation mit, bei wem passen auch die nderen Parameter und wer ist tatsächlich auch geeignet. Deswegen muss man das umdrehen und mit dem Unternehmen anfangen:  wenn wir zwei zusammenbringen wollen, dann beginnt die Reise damit, genau zu verstehen, in welcher Situation das Unternehmen ist, wo es herkommt, wo es hin will, was für Themen stehen dort an. Das genau zu verstehen ist der Schlüssel: dann kannst daraus ableiten, wen suchen wir eigentlich, wen sprechen wir an, was Motive stehen dahinter und wie können wir denjenigen qualifizieren. Anschließend begleiten wir den Prozess beim Kunden. 

Thomas Kabke-Sommer: Wie macht ihr das? Gibt es da Methoden, mit den Unternehmen zusammen herauszufinden, was im Grunde gebraucht wird? Wie das Stellenprofil aussieht? Gibt es da Hilfestellung methodischer Natur? 

Michael von Hirschfeld: Auf jeden Fall. Wir machen das ja schon sehr lange. Es gibt Unternehmen, die haben ganz klare Vorstellungen: die suchen jemand, der dort genau in das Gefüge reinpasst. Das ist schon ein bisschen das Geschäft, was wir früher sehr viel gemacht haben. Heute machen wir das immer weniger. Heute sind es eher die Positionen, bei denen die Unternehmen sehen, dass sie etwas brauchen, aber noch nicht genau wissen, wie sie eine Rolle daraus gestalten.  Vielleicht sind auch schon Aufgaben festgelegt. Damit verbunden ist meistens auch eine Position im bestehenden Unternehmen, aber nicht das Wissen, was diese Position genau beinhalten und erreichen soll oder wie man den Typus beschreiben soll, was jemand wirklich gemacht haben muss oder was jemand können muss. Das sind dann nochmal zwei sehr unterschiedliche Themen. Und hier können wir die Unternehmen ganz früh abholen. Wir haben dafür einen Recruiting-Canvas entwickelt mit dem wir arbeiten und auf das wir diese ganzen Informationen mit dem Kunden zusammen, gemeinsam, interaktiv projizieren und verarbeiten können. Wir stellen die gleichen Fragen wie vorher, das hat sich nicht geändert. Du kennst das auch von der Kommunikation her: was der eine sagt und was beim anderen ankommt, Sender-Empfänger-Rauschen, da geht viel verloren. Wir waren früher ganz kräftig am Mitschreiben und haben gemerkt, dass wir aber trotzdem nicht immer das gleiche Bild hatten. Dafür hilft das Recruiting-Canvas einfach sehr, um zu erreichen, dass wir mit dem Kunden das gleiche Bild haben und auch feste Wege haben, wie wir mit dem Kunden das Ganze hinterher verifizieren und durchgehen können. Ist das Bild eigentlich in sich logisch und vollständig und wo stecken die Risiken und offenen Punkte? Wir haben wir  den Recruiting-Canvas vor zwei Jahren entwickelt und den Workshop fast 80 Mal durchgeführt. Und immer wieder hatten wir dabei spannende Erkenntnisse, wenn wir auf das Canvas gucken und denken: „Okay, was kommt denn dabei genau raus?“. 

Manche Kunden haben eine Liste von Aufgaben, eine Fülle. Die muss man erstmal ordnen und in Gruppen einteilen. Gemeinsam schauen, was sind das eigentlich für Blöcke und diese gewichten? Und manche haben bei den Erwartungen und Zielen dann einen ein riesiges Thema. Manche sind nur sehr knapp gehalten und sagen „Ja, man muss einen guten Job machen, passt.“. Und da muss man immer überlegen: was heißt denn das dann eigentlich für den Kandidaten? Teilweise ist dann die Position recht offen, aber das gewünschte Ergebnis sehr klar und teilweise sind die Aufgaben klar und fällt es dem Unternehmen schwer, zu beschreiben, was sie erwarten und wie sie Ziele definieren. Und beides hat eben Auswirkungen auch auf den Menschen, der dahin kommt und der dorthin passt und beeinflusst, ob jemand  erfolgreich sein und auch längerfristig erfolgreich sein kann. 

Thomas Kabke-Sommer: Wie wichtig ist denn die kulturelle Komponente? Also du hast ja von den Zielen gesprochen, auch von den Skills, oder was erwarte ich als Hebel fürs erste, zweite, dritte Jahr? Auch gerade in dieser digitalen Welt, in der wir uns befinden, wo wir teilweise konfrontiert sind mit agilen Unternehmensumwelten oder weniger agilen Unternehmensumwelten. Wie wichtig ist so ein kultureller Fit? Wie würdest du den einschätzen?

Michael von Hirschfeld: Dann ist die Frage: wieviel Zeit haben jetzt?

Thomas Kabke-Sommer: 27 Minuten, Michael.

Michael von Hirschfeld: Der kulturelle Fit ist abhängig von der Rolle. Es gibt ganz klare Aussagen, dass zum Beispiel ein Teamfit immer vor fachlichem Einzel-Fit gilt. Das gilt aber eher in einem Ausschlussverfahren: wenn du jemanden hast, von dem du denkst, dass er das Team negativ beeinflusst, durch seine Aktion, durch sein Verhalten, dann gibt es keinen einzigen Grund, ihn einzustellen und sei er noch so gut in einem speziellen Bereich. Nichts geht über das Team. Die Kultur ist natürlich super entscheidend. Für uns ist das manchmal ein etwas schwieriges Thema, weil viele Unternehmen mit der Besetzung von digitalen Führungskräften gleich mehrere Dinge erreichen wollen. Sie wollen auch einen culture change erreichen und in eine neue Kultur wechseln. Und das ist natürlich von den Personen abhängig – aber das muss im ganzen Unternehmen erfolgen. Und da gibt es wenige Beispiele von Unternehmen, die das wirklich schon geschafft haben und eine komplette Transformation gemacht haben. Und natürlich hat das ganz, ganz große Auswirkungen darauf, wen man einstellt und wie dort jemand reinpasst. Gerade wenn wir in der Zukunft noch mehr das erreichen, was wir uns jetzt als Personalberater sehr wünschen, nämlich, dass du neben der fachlichen Karriere auch die (neue) Führungskarriere hast und beides gleichwertig beurteilt wird. Dass man in den Teams wirklich den Menschen sieht mit seinen Kompetenzen und Erfahrung und dann sagt: „Du bist super spezialisiert, das du kannst das wirklich gut!“, und das wird honoriert. Und zu jemandem anderen sagt man: „Du kannst Teams führen, du kann sie zusammenbringen, Du kannst Hindernisse aus dem Weg räumen, Du kannst Teams effizienter zu machen, Du kannst auch die Menschen begeistern und mit Menschen umgehen!“. Dass man beide Rollen wirklich gleichwertig sieht und vielleicht sogar noch einen Schritt weiter geht und sagt: Diese Rollen und diese Menschen sollen sich das Thema selber aussuchen, denn letztlich müssen sie ja damit arbeiten. Da beginnt dann schon das Umdenken. So wie du heute die Dinge nicht mehr Top-Down managest: wir haben gerade über OKRs gesprochen und selbst das ist immer noch etwas, was man in gewissem Maße vorgibt und auch nochmal weiter runter bricht. Und es gibt einige Organisationen, die es geschafft haben, selbstlernende Organisationen zu werden, die dort also noch einen Schritt weiter loslassen oder zumindest schon in Teil-Strukturen flexibler werden. Das ist alles ein großer Wandel, der nicht so schnell geht.

Diese Themen finde ich sehr spannend, weil eine Frage im Raum stehen bleibt, wenn es um die so oft knappen digitalen Talente oder digitalen Köpfe geht: Was muss denn ein Unternehmen mitbringen, um sich diese digitalen Köpfe überhaupt zu sichern? Um diese digitalen Köpfe überhaupt an Board zu kriegen, bzw. um zu erreichen, dass sich jemand für ein Unternehmen entscheidet? 

Thomas Kabke-Sommer: Ist das auch ein Schwerpunkt bei Euch, solche Arbeitsumfelder bereitzustellen, von denen du gerade gesprochen hast?

Michael von Hirschfeld: Du hast ja in der in der ersten Frage gefragt, was eigentlich unsere Herausforderungen dabei sind und das geht in die gleiche Richtung. Unsere Herausforderungen liegen nicht in dem knappen Kandidaten-Markt. Den kennen wir ja seit acht Jahren, da können wir uns gut bewegen, da haben wir unsere Netzwerke. Das funktioniert auch und das kannst du heute „einfach“ durch Arbeit gut leisten. Das Finden, Identifizieren, das ist schlichtweg Arbeit. Jeder, der den Job etwas länger macht, der kann das dann auch. Das können einige natürlich auch nicht gut, aber es ist im Prinzip kein Hexenwerk. Die Herausforderungen liegen auf der Unternehmensseite. Wenn die Unternehmen sich nicht einig sind bei den Anforderungen, wenn sie sich nicht vorher nicht abgestimmt haben, wenn die Prozesse nicht logisch sind, wenn die Erwartung des Kandidaten und des Unternehmens völlig auseinanderlaufen. Dann ist das eine schlechte Candidate Experience. Und eine gute Candidate Experience heißt nicht, dass du als Unternehmen Kandidaten nicht qualifizieren darfst. Das musst du natürlich. Du hast als Gründer, als Geschäftsführer oder als Abteilungsleiter, egal wie die Organisation aussieht – du hast die Verpflichtung, richtig gut zu sein im Recruiting, weil Du jemanden einstellst, der mit deinem Team zusammenarbeiten wird. Du musst qualifizieren und du musst denjenigen richtig auswählen, der passt. Dazu bist du verpflichtet. Das nehmen viele Unternehmen auf die leichte Schulter. Der Level der Qualifikation müsste in Unternehmen angehoben werden. Diese Arbeit nehmen wir zum größten Teil an – das ist ja unsere Hauptarbeit: Qualifizierung von geeigneten Kandidaten. Wenn wir vorher analysiert haben, was die Unternehmen brauchen und die Unternehmen dann zu beraten, wie sie einen guten Prozess gestalten, haben wir die besten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Besetzung. Was wir nicht machen, was du angesprochen hast, ist, die Unternehmen darin zu beraten, wie man Unternehmenskultur gestaltet. Für diesen Themenbereich, wie auch Fragen wie man in eine agile Organisation transformiert oder im Bereich der Digitalisierung sind wir Sparringspartner und wollen das auch ganz bewusst sein. Wir sind Sparringspartner, weil wir ganz viel Austausch bieten können: das haben wir bei anderen Unternehmen gesehen, andere Unternehmen waren da, wo ihr jetzt seid und sind heute da und haben die und die Schritte gemacht. Einige Unternehmen haben einen Chief Digital Officer eingesetzt, mit diesen Aufgaben und Erwartungen, andere haben in ein Innovation Lab aufgesetzt, mit einer bestimmten Zielrichtung und Ausstattung und das und das ist dabei rausgekommen. Dann können wir zusätzlich auch Partner vermitteln – das kann eine Digital Berlin Tour sein, wo man mal mit Leuten spricht, aber ohne den Zwang, dass einer Projekte verkaufen will. 

Mit Menschen sprechen, die so etwas schon gemacht haben – in einen Erfahrungsaustausch gehen. Die Hemmschwelle, sich als Unternehmen zu verändern ist natürlich sehr groß, steht aber immer wieder bei der Besetzung einer Führungskraft im Raum.s 

Thomas Kabke-Sommer: Deshalb werden ja oft diese CDO eingestellt, von denen du gerade gesprochen hast. Diese Digital Leader, so aus deiner Erfahrung aus vielen Gesprächen, vielen Qualifizierungen-Meetings, was macht denn der so typischerweise? Ich weiß, dass das jetzt holzschnittartig klingt, diese Frage: Was macht denn so typischerweise einen Digital Leader eigentlich aus? Aus deiner persönlichen Sicht. 

Michael von Hirschfeld: Es ist tatsächlich so, dass ich das Wort nicht ganz „matchen“ kann. Man liest diesen Begriff , aber in den Umfeldern, in denen wir uns bewegen, kommt das tatsächlich überhaupt nicht vor. Wir haben natürlich digitale Führungskräfte, CIO, CDO, Geschäftsführer von Digital-Einheiten oder von digitalen mittelständischen Unternehmen. Das ist so das Typische, was wir besetzen. Und da ist es von Unternehmen zu Unternehmen und von der Zielsetzung sehr unterschiedlich, was man mitbringen muss. Es gibt natürlich immer ein gewisses Set, was Führungskräfte mitbringen müssen. Neben den Themen: Was muss man dann an Branchen- oder Fach-Erfahrung wirklich haben, ist die Frage: Was ist Führung und was ist ein Digital Leader? Heute ist Führung ja vielmehr unterstützend, vielmehr als Coach. Gerade wenn es Agile Umfelder sind. Die Frage an uns ist oft, wen braucht man und wohin entwickeln sich diese Rollen. Braucht man jemanden, der Unternehmen in Wachstumsphasen begleitet hat, oder braucht man jemand, der Stabilität reinbringt in eine sehr heterogene Produktentwicklung, die vielleicht sehr gerade ein bisschen aus dem Ruder läuft? Es hängt sehr von der Situation ab. Beispielsweise, wenn der Druck zu hoch ist, wenn es tatsächlich sehr akute Herausforderung sind, vor denen das Unternehmen steht, macht es oftmals mehr Sinn, einen Interimsmanager zu nehmen, um die akuten Themen anzugehen und jemand dann später zu holen, der das Unternehmen im längerfristigen Fahrwasser begleitet. Das wird oftmals etwas „missbraucht“: wenn das Unternehmen unangenehme Entscheidungen zu fällen hat, dann holt man sich den Externen. Der macht das dann und dann kommt jemand Nettes und bringt die Stabilität rein. Aber oftmals kann man sehr viel gewinnen, wenn man ein konkretes Thema hat. Sei es eben das Produktmanagement muss neu ausgerichtet werden oder man muss verschiedene Einheiten Firmen integrieren. Wenn die Aufgaben einen sehr klaren und definierten Zeitraum haben und Aufgabenstellung gut definiert ist, dann kann man sehr gut mit Interimmanagern arbeiten, um diese Punkte anzugehen und sich anschließend oder parallel jemand ins Unternehmen holen, der längerfristig diese Aufgaben wahrnimmt. 

Thomas Kabke-Sommer: Du hattest vorhin auch darüber gesprochen, dass das Identifizieren der digitalen Talente, die ja digitale Nutzerspuren hinterlassen, im Grunde harte Kernarbeit ist und harte Arbeit hat ja in sich, dass wir sie gerne automatisieren wollen oder, dass wir sie gerne auslagern wollen oder, dass wir sie gerne von unserem Schreibtisch weghaben wollen. Wenn du heute über dein Business nachdenkst Beratung 2021 wie sieht es denn dann mit der Automatisierung aus? Arbeitest du an solchen Themen schon? Ist das etwas, was dich umtreibt oder wie muss ich mir das vorstellen? 

Michael von Hirschfeld: Mir persönlich fällt es immer schwer, Dinge wiederholt zu machen. 

Thomas Kabke-Sommer: Du musst auch hier nur einen Podcast machen. Es gibt keinen zweiten, Michael. 

Michael von Hirschfeld: Danke. Das ist nett! Ich habe das schon immer gemerkt, dass ich natürlich Dinge gern getan habe, wenn es sinnvoll war oder man dadurch auch Nutzen ziehen konnte. Das macht Sinn. Man muss ja auch nicht jeden Morgen anders Kaffee kochen. Aber wenn es Dinge waren, die keinen Mehrwert gebracht haben oder auch keine Freude gebracht haben, dann macht das überhaupt keinen Spaß. Und ich habe immer schon immer darüber nachgedacht, wie man Dinge automatisieren kann. Das haben wir bei uns mit vielen kleinen Tools gemacht, mit einer digitalen Prozessoptimierung im Bereich Collaboration, im Bereich vieler anderer kleiner Helferlein, die das Leben leichter machen. Das ist der einfachere Weg. Für das Thema KI gibt es viele Ansätze, die im Augenblick im Markt aktiv sind. Das kann für Unternehmen spannend sein, wenn man es wirklich schafft, diese Informationen, die das Unternehmen hat, auch wieder auffindbar zu machen. Das ist die große Herausforderung. Die Unternehmen haben ja sehr viele wertvolle Kontakte, aber nutzen dieses Potenzial immer nur sehr punktuell – wenn überhaupt und dann ist es meistens schwierig. Nur wenn es ein Bedarf aktuell ist, dann suchen sie Bewerber. Aber sie sehen meistens nicht, wer links und rechts da ist oder wenn eine andere Abteilung sich einen Bewerber anguckt. Abteilung A weiß von B nicht, wer im Prozess ist. Und selbst wenn du vielleicht einen VP Marketing gesucht und eingestellt hast und er springt dir in der Probezeit wieder ab, weil er ein Auslands-Angebot kriegt und sagt, es täte ihm leid, aber er muss das annehmen. Dann hast du zwar deine Bewerber aus dem Prozess noch, aber es fällt den meisten Unternehmen schwer, diese zu reaktivieren, wenn das Projekt länger als ein paar Monate her ist. Talentmanagement ist hier der Schlüssel: Prognostizieren von Weiterentwicklungen, plus die Verzahnung von Skills: Wenn jemand dies gemacht hat, könnte er auch theoretisch auch das hier machen. Es könnte bspw. jemand, der für VP Marketing passt, auch in eine Geschäftsführung gehen einer marketing-orientierten Tochtergesellschaft. Über Verschlagwortung kann man rudimentär Profile finden, aber echtes Talentmanagement ist noch ein eigenes Thema – hier kann KI viel in Zukunft helfen. 
Damit beschäftige ich mich zusammen mit einem Freund, der dies seit zwei Jahren als Forschungsthema vorantreibt. Wir versuchen das von einer anderen Seite aufzuziehen, aus der Verschlagwortung herauszukommen und sinnvoll vernetzte Datenstrukturen aufzubauen, mit denen man dann über „semantic awareness“ Kontexte herstellen kann. Das ist ein Traum, den ich schon lange habe: zu verstehen, wie hängen Fähigkeiten und Tätigkeiten eigentlich untereinander zusammen und was ergibt sich denn daraus? 

Thomas Kabke-Sommer: Kannst du uns ein praktisches Beispiel geben, wo diese Art der Vernetzung das Business, dein Business, positiv beeinflusst? Wie kann ich mir das vorstellen? Kannst du dazu ein Beispiel geben, gerade was diese Semantik betrifft, die ich so spannend finde dahinter? 

Michael von Hirschfeld: Das beste Beispiel ist eine Job-Suchmaschine. Das ist ein anderer Kontext, als den, den wir gerade besprochen hatten, ich suche ja keinen Job, aber es ist die gleiche Technologie, die man dann wiederum nutzen kann, um auch jemanden richtig zu finden. Wenn man sich vorstellt, dass jemand einen neuen Job sucht, dann hast du in den heutigen Jobbörsen immer das Thema, dass die Verschlagwortung nicht zufriedenstellend ist, weil die Schlagworte „verwässern“, sie werden nicht erkannt. Wenn in der Jobanzeige reiner Marketing-Text steht, z.B. wenn im Text steht „Wir sind ein großes Team von Projektmanagern und suchen Dich als Senior Developer“, dann hast du „Projektmanagement“ schon mal drin, obwohl das für den Job selber überhaupt gar keine Relevanz haben kann. 

Wir haben einen Piloten gebaut, bei dem wir völlig weg gehen von den Titeln und konzentrieren uns nur auf die Tätigkeiten. Und das ist ja auch etwas, was wir die letzten Jahre in der Personalberatung immer häufiger angewandt haben: wir haben zu den Kunden gesagt, wir brauchen keinen Titel, es ist (fast) egal wie die Position letztlich heißt – lasst uns über die Inhalte reden und dann ergibt es sich, wie die Rolle in Eure Unternehmensstruktur reinpasst und was für einen Titel man schließlich dafür nimmt. Das kann man technisch lösen und wir haben mit einem Piloten gezeigt, dass du nach etwas suchst und tatsächlich auch Umfelder siehst, die relevant sind. Ein konkretes Beispiel aus dem technischen Umfeld: eine Suche nach Projektmanagement und Entwicklung ergibt auch eine Rolle als Technical Account Manager oder du findest da einen Client Success Manager, der aber die gleichen Umfelder mitbringt, wie die, die du suchst und der auch Teile von Projektmanagement enthält, sodass du dann als Jobsuchender sagen kannst: ich habe von Technologie Kenntnis, ich kann auch Projekte managen und ich kann auch mit Kunden eigentlich ganz gut. Neu ist dann, dass du diese etwas „weichen“ Richtungen eingeben kannst in die Jobsuche und erfolgreich neue Jobs als Vorschläge erhältst, die du vorher nicht gesehen hättest. 

Thomas Kabke-Sommer: Die hast Du vorher gar nicht in deinem Scope gehabt und gar nicht gesehen.

Michael von Hirschfeld: Genau.

Thomas Kabke-Sommer: Und der andere auf der anderen Seite (das Unternehmen) hätte dich auch gar nicht so gefunden, weil dein latentes Interesse dafür gar nicht hätte geäußert werden können, weil du es ja gar nicht in einem Profil spezifiziert hast. Und das finde ich spannend. 

Michael von Hirschfeld: Ja, das ist genau das Thema. Das ist ja die Übersetzungsleistung, die wir heute als Personalberatung machen. Wenn wir eine Analyse machen, was die genauen Anforderungen sind, mit dem Kunden sprechen, was genau gebraucht wird im Unternehmen, und das verstehen, dann suchen wir natürlich auch nach Titeln, weil Titel schon ein guter Indikator sind. Aber wir analysieren die Metadaten: wie lange ist jemand im Job, wo möchte jemand eigentlich hin. Das ist dann die Transferleistung, die wir heute durch unsere Erfahrung machen, wenn wir Kandidaten ansprechen: heute machst Du diesen Job, aber das ist ein anderes Umfeld, das ist größer, das ist kleiner, das ist anders. Hier ändert sich die Rolle vielleicht oder wir können mit dem Kunden sinnvolle Änderungen besprechen. Und das könnte automatisiert passieren, indem man eine viel bessere Vorauswahl hat und dann in die Qualifikation reingeht – unsere eigentliche Aufgabe. Und dann können wir sagen: Schau lieber Kunde, die sind ja alle da, die Kandidaten, die du suchst. Die kannst du auch selber ansprechen. Aber wer davon jetzt genau der Richtige ist, wer für das Unternehmen in der Situation der Beste ist – das herauszufinden ist heute noch unsere Aufgabe. 

Thomas Kabke-Sommer: Wenn du auf dein Business Jahr 2019 jetzt schon mal perspektivisch schaust und dann sagst Mensch 2019 rum, Silvester, ich habe das Glas Champagner in der Hand und für mich war es ein gutes Jahr, und mit „für mich“ meine ich ThinkHeads – wann wär’s denn dann ein gutes Jahr geworden? Kannst du uns das nochmal beschreiben? Was muss dann passiert sein in 2019? 

Michael von Hirschfeld: Ich habe dafür keine harten Ziele. Das Ich bin in diesem Jahr mit mir einige Male mit mir selber ins stille Kämmerlein gegangen und habe auch in den Spiegel geguckt und mich das gefragt. Es gibt viele Unternehmen, die ganz klare Business Ziele haben. Die erhöhen die Schlagzahl, den Gesamtumsatz, EBIT, Gewinn, oder was immer auch für Kriterien dabei sind. Ich muss als Geschäftsführer die Finanzen natürlich im Blick haben, kann aber aus den reinen Zahlen nur wenig sinnvolle Ziele ableiten.

Wir starten Anfang des Jahres 2019 ein Coaching. Das macht Judith Andresen für uns, die ich schon lange kenne. Sie macht Organisations-Beratung in Unternehmen in einem agilen Kontext, agile Organisation-Beratung, Transformations-Projekte, alles im Hinblick auf echte Zusammenarbeit. Und von ihr lassen wir uns coachen, um eine selbstlernende Organisation zu werden. 

Das ist für mich ein wichtiges Ziel, unabhängig davon, wieviel Personen wir nachher sind oder wieviel Aufträge wir machen. Wir haben ja bisher immer gute Jahre gehabt. Das Geschäft läuft gut, wir sind gut vernetzt im Markt. Wir sind relativ bekannt. 

Thomas Kabke-Sommer: Es gibt auch einen tollen Beirat!

Michael von Hirschfeld: Richtig, einen sehr guten Beirat! Wir haben keine zum Glück keine Existenzängste und können eigentlich jetzt überlegen, wie können wir denn besser werden. Und das ist auch das, was uns ständig antreibt. Wir haben in diesem Jahr viele Themen analysiert, wir haben das Recruiting-Canvas angesprochen, weil wir gemerkt haben, es drückt uns auf der Seite, wie können wir besser werden in der Analyse? Wir haben Persönlichkeitsanalysen eingeführt und uns gefragt, wie können wir besser werden in der Qualifikation? Und auch dort heißt es für uns für 2019: wieder eine Schippe drauflegen, obwohl wir alle schon lange Interviews führen. Wir sind der Meinung, das geht besser. Wir können noch strukturierter, noch zielgerichteter Interviews führen, um besser zu werden. Darin müssen und wollen wir kontinuierlich besser werden. Dass ich wirklich zufrieden bin in 2019, das ist dann nicht, dass wir eine dieser harten Ziele erreicht haben, sondern dass wir mit dieser Idee des selbstlernenden Unternehmens Methoden und Formate an die Hand bekommen haben, selber adaptiert, verworfen, geändert, angepasst, neu entworfen haben, wie wir uns selber organisieren. Ohne, dass ich es im Detail vorgebe, wie wir das machen. Ich erhoffe mir, dass wir in unserer internen Organisation professioneller und effizienter werden und gleichzeitig unsere sehr familiäre Unternehmenskultur beibehalten. Dass wir viel mehr Werkzeuge an die Hand bekommen, mit denen wir intern arbeiten können. Dann, wenn wir das erreicht haben und daraus ergeben sich dann wieder andere Themen, dann können wir / die Kollegen das Unternehmen selber mit entwickeln. Es gibt so viele Ideen, die wir heute schon sehen, wie sich die Zukunft der Personalberatung entwickelt. Aber das soll aus dem Team herauskommen. Das wünsche ich mir in Silvester 2019. Wenn entweder ich oder sogar wir beide anstoßen! 

Thomas Kabke-Sommer: Ja gerne wir beide wieder, wie beim Sommerfest damals. Dafür ganz viel Glück, ganz viel Energie, ein glückliches Händchen und natürlich wieder die Chance auf einen Award. Die Hörer wissen’s nicht, aber ihr habt auch einen ganz tollen Award gewonnen. der bei dir in der Beratung auch zu sehen ist. Ich habe ihn auch neulich mal der Hand gehabt, der war ganz schön schwer. Ich wünsche dir für 2019 einen noch schönen Award und alles Gute. Oftmals hat der Schuster nicht die besten Schuhe. Aber bei euch ist es ganz anders: Ihr habt nämlich richtig tolle Schuhe. Ihr seid ganz vorne weg. Behaltet vor allen Dingen eure familiäre Team-Arbeitsweise, das ist etwas sehr Wertvolles. Was mich auch damals, als ich bei dir Kunde war, ja auch davon überzeugt hatte, dass ihr ein ganz tolles Unternehmen seid.
In dem Sinne: Nochmals ganz herzlichen Dank, dass du heute hier warst. Ich verspreche dir, du musst keinen zweiten Podcast machen. Komm gut nach Hamburg zurück und auf ganz bald. Vielen Dank, Michael. 

Michael von Hirschfeld: Danke, Thomas. 

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